eine Tagebuch-Woche: 6. – 12. April inkl., 1992

was ich in meine Agenda notierte, tel-quel:  

  • Montag: letzter Tag Hepatikum Pascoe, (gemeint ist ein Homöopatisches Mittel, das ich einnahm).
  • Dienstag: 15hbei  Frau Frei (ja, ja, ich versuchte während einem Jahr tatsächlich eine echte Psychoanalyse bei ihr).
    abends: Samariterkurs fertig / Ende des Kurses.
  • Mittwoch: um 9.00 h bei TechnoSoft (der Firma, mit der ich Geld verlor und am Ende noch ein Gerichtsverfahren am Hals hatte, wegen Nicht-Bezahlung der AHV-Prämien für die Angestellten. Urteil zu meinen Gunsten, gegen die AHV-Kasse, aber trotzdem Verlust, weil mein Advokat mehr kostete als ich Entschädigung zugesprochen bekam).
  • Donnerstag, 9. April 1992: Pappa stirbt, Bestattung: Herr L., 302 39 84.
  • Freitag: K2 (Parazelsus-Schule). Offiziell gab es am Freitag keine Schule, wahrscheinlich lernte ich zu Hause.
  • Samstag: mit Wunderlich: Diät (ein Wochenende mit einem Naturarzt im Rahmen der Parazelsus-Schule).
  • Vermerk am Sonntag: nächste Woche K1, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Intensivwoche mit Bartl (Parazelsus-Schule), und weil dieser Freitag Karfreitag ist, dann nur bis 12.00 Uhr.

Fazit heute, 17. Oktober 2011, updated am 3. März 2012:

  • In jener Zeit war einiges los. Nachdem ich ein paar Monate zuvor den Weissen Lotus verlassen hatte, machte ich mit der Parazelsus-Schule eine Ausbildung zum Heilpraktiker,
  • besuchte einmal pro Woche eine waschechte Psychoanalytikerin – nicht mehr nur so eine Meditationskissen-Therapeutin, was allerdings auch nicht viel mehr brachte, hat mich nur noch mehr verwirrt – und ja …
  • Pappa starb in dieser Woche. Ich habe alle Gedanken und Reaktionen darüber tief in mir vergraben, und es wird auch dort bleiben. Doch, doch.
  • Ich erinnere mich nicht, ob ich diese Tatsache dieser Therapeutin gegenüber auch nur erwähnt habe. Ich glaube im nachhinein, ich habe es immer sehr gut verstanden, mich zu beschützen.
  • Und noch etwas: ich arbeitete nicht in einem Beruf, verdiente kein Geld, sass zuhause bei meiner Mutter … liess mich von ihr noch ein paar Monate lang gratis durchfuttern und lernte den ganzen Tag meine Heilpraktiker-Kurse, den ganzen Stoff wollte ich in einem Jahr in mich hineinstopfen (als ich jung war, gelangen mir solche Crash-Touren noch).
  • Ehrlich gesagt, wenigstens heute ehrlich: ich verdaute immer noch die Verwirrung, welche Burkhardt Kiegeland alias Buddha in mir damals ausgelöst hatte, besonders meine Zweifel über meine Selbstsicherhheit: ich war mir der Richtigkeit meiner Reaktionen nicht mehr sicher. Ich wollte damals immer noch nicht akzeptieren, dass auch  ich als gespaltener Mensch daherkam, wie alle anderen auch. *
  • Aber später, viel später, glaube ich wenigstens, hat sich dieser Zweifel gewandelt in eine Fähigkeit, einen objektiveren Blickwinkel zu haben, über mich in der Welt (doch, der von Sektenverfolgern und akademisch kopflastigen Therapeuten so verabscheute AVATAR-Kurs war dahin ein wichtiger Meilenstein). Heute kann ich akzeptieren, dass nichts sicher ist – oder anders ausgedrückt, meiner selbst nicht mehr 100% sicher zu sein verunsichert mich nicht mehr. Ich akzeptierte es einfach und fing an, zu überlegen, eine Sache durchzudenken, in mich zu schauen, abzuwägen. Kurz: Verstand UND Herz einzusetzen.
  • Ich glaube, ich habe es doch noch geschafft, erwachsen zu werden.

* Nachtrag 10. May 2012: … als gespaltener Mensch daherkommen

  • ich glaube zu verstehen, dieser Punkt ist im allgemeinen Diskurs noch vernebelt. Nicht tabuisiert, aber doch nicht genau, allgemeinverständlich umschrieben. Wenigstens nicht für uns Laien.
  • Wir haben ein Ich-Bewusstsein … als barbarisches Wort ist dies etwas ausserhalb von mir … aber gefühlt, erlebt, ist das meine ureigene Hochburg.
  • Wenn einer im Leben, vor allem als Kind, emotional zu sehr beschädigt wurde, kann er dieses gefühlte Erleben des In-sich-seins nicht mehr mit dem – von aussen kommenden Wort – Ich-Bewusstsein in Zusammenhang bringen. Gemeint ist, der Blick von innen (das gefühlte Erleben) und der Blick von aussen (das Wort, das den Vorgang bezeichnet), kommen nicht mehr zusammen = sind für den Betreffenden nicht mehr das Gleiche, weil das eigene Erleben tabuisiert wurde = weil zuerst ein vorheriges Trauma geleugnet werden muss, bevor man vielleicht etwas fühlen und gleichzeitig verstehen könnte.
  • Hier beschreibe ich eine krasse Form dieser Spaltung, aber in milder Form ist sie bei uns allen zu beobachten. Immer, wenn wir uns vor einer uns schmerzenden Wahrheit schützen wollen, verstehen wir einfach nicht mehr, was der andere sagt, und/oder interpretieren es um, auf eine uns ganz eigenen Art.